Praxisbeispiel: Aus Indonesien in den Schwarzwald – ein Familienbetrieb berichtet

Stand: 23.10.2024

Für seine ländlich geprägte Feinkost-Metzgerei Haller im Schwarzwald fand Werner Schmidt keinen Nachwuchs mehr. Daraufhin wagte er erstmalig den Schritt der Auslandsrekrutierung und konnte so vier motivierte Auszubildende aus Indonesien gewinnen. Beim gesamten Prozess wurde er rundum von der Wirtschaftsförderung Schwarzwald-Baar-Heuberg unterstützt. Wie zufrieden Herr Schmidt mit seinen neuen Auszubildenden ist und wie auch er durch die Integration selbst neue Perspektiven gewonnen hat, berichtet er im Interview.     

Wie haben Sie die Integration Ihrer Auszubildenden aus Indonesien gemeistert?

Team der Metzgerei Haller hinter der Theke
© Henriette Stanley (Wirtschaftsförderung Schwarzwald-Baar-Heuberg)

Werner Schmidt: Wir sind ein Familienbetrieb im Handwerk mit 35 Mitarbeitenden und sehr regional tätig. Menschen direkt aus dem Ausland zu rekrutieren und auch in den Betrieb zu integrieren, war komplettes Neuland für uns und wir wussten nicht so genau, was auf uns zukommt. Wir suchten nach Nachwuchs und wurden zunächst auf Vermittlungsagenturen aufmerksam, was jedoch für uns keine Früchte getragen hat.

Meine Tochter ist dann irgendwann auf die Wirtschaftsförderung Schwarzwald-Baar-Heuberg (Wifög) gestoßen und dort haben wir nicht nur Hilfe bei der Rekrutierung bekommen, sondern auch bei der Vorbereitung der Einreise und der Integration der vier Auszubildenden. Die Wifög hat Deutschsprachkurse im Herkunftsland, die Visa- und Einreiseformalitäten und eine Wohnung hier in Villingen-Schwenningen organisiert. Dort leben die zwei jungen Männer und zwei jungen Damen nun als WG.

Obwohl die vier indonesischen Auszubildenden schon bei ihrer Ankunft hier ganz passables Deutsch gesprochen haben und sich verständigen konnten, besuchen sie aktuell noch einen Deutschkurs bei der Volkshochschule, um die Sprache weiter zu festigen. Dafür müssen sie, dank eines Förderprogramms, nichts bezahlen.

Und in der Berufsschule bringen die Azubis schon recht gute Noten mit nach Hause. Wir sind uns sicher, dass wir alle Vier erfolgreich durch die Ausbildung bekommen.

Tipp

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Gab es Dinge, die Sie überrascht haben?

Werner Schmidt: Ich war anfänglich skeptisch, ob das alles funktionieren würde. Die Vier gehören dem muslimischen Glauben an und essen deshalb kein Schweinefleisch – verkaufen also unsere Produkte, die sie selbst nicht essen. Aber sie machen das sehr gut, sind lernwillig, extrem pünktlich und waren noch nie krank.

Auch die anderen Mitarbeitenden sowie Kundinnen und Kunden reagieren ausnahmslos positiv. Die Gesellschaft scheint verstanden zu haben, dass die Auslandsrekrutierung in vielen Branchen mittlerweile die einzige Lösung ist.

Welche Herausforderungen gab es bei der Integration Ihrer Auszubildenden und wie sind Sie diesen begegnet?

Werner Schmidt: Die wohl größte Herausforderung war die Mobilität. Da die vier Auszubildenden aufgeteilt sind auf unsere vier Filialen in der Region, mussten sie Bus und Bahn nutzen. In den ersten Wochen war es nicht so einfach für sie, in den richtigen Bus zu steigen, die richtige Fahrkarte zu kaufen und die Fahrpläne zu lesen. Das haben wir ein bisschen unterschätzt, da wir selbst keinen öffentlichen Nahverkehr nutzen. Aber mittlerweile sind alle fit darin und mit Bus und Bahn unterwegs. 

Trotz Deutschkursen haben die Auszubildenden natürlich noch etwas Nachholbedarf bei den verschiedenen Fleisch- und Wurstsorten. Doch hier überlegen sie sich kreativ eigene Lernmethoden. Sie fotografieren zum Beispiel unsere Theke mit ihrem Handy ab und bearbeiten das Foto im Nachhinein zu Hause, indem sie allen Produkten die richtigen Namen zuordnen. Sie sind wirklich sehr fleißig, das hatten wir nicht erwartet.

Welche Tipps würden Sie anderen KMU in Bezug auf die Integrationsarbeit ausländischer Fachkräfte geben?

Werner Schmidt: Mein wichtigster Tipp: Gerade kleine Unternehmen sollten sich frühzeitig über die Unterstützungsangebote informieren und diese auch aktiv nutzen! Ohne die Wirtschaftsförderung hätten wir das alles so nicht hinbekommen. Auch heute schauen die Mitarbeitenden der Wirtschaftsförderung regelmäßig nach den vier Auszubildenden und wir stehen im guten Kontakt. 

Außerdem war es sehr hilfreich, direkt eine kleine Gruppe gemeinsam zu rekrutieren. Das lindert das Heimweh etwas und so konnten die Vier sich auch gegenseitig unterstützen. Wir haben auch direkt im Vorfeld über gegenseitige Erwartungen gesprochen. So wie es gerade läuft, kann ich mir sehr gut vorstellen, die Vier nach erfolgreich abgeschlossener Ausbildung zu übernehmen und auch die Azubis möchten gerne langfristig in Deutschland bleiben. 

Wir sind froh, dass es bisher so gut gelaufen ist. Auch die Leute selbst auszubilden, war zumindest in unserem Handwerk die richtige Entscheidung, da es den Berufsabschluss des Fachverkaufs von Fleisch- und Wurstwaren in vielen Ländern so nicht gibt. Aktuell überlege ich sogar, noch zwei indische Auszubildende für das nächste Ausbildungsjahr zu rekrutieren. Hier würde ich auch Wohnraum zur Verfügung stellen – darüber muss man sich im Vorfeld auf jeden Fall Gedanken machen.

 

Vielen Dank an Herrn Schmidt für das Interview!
 

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